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Interview – MONITOR Round Table „Cloud Computing“

„Das Thema ist nicht Cloud“

Keine Sorge, Sie haben sich nicht verlesen. Das Thema ist natürlich doch die Cloud. Aber einer der Punkte, der aus den Diskussionen beim letzten MONITOR Round Table zur Wolke, an dem unter anderem die Geschäftsführung von HATAHET productivity solutions teilgenommen hat, klar herausgekommen ist, war: Die Kunden wollen nicht über Cloud Computing reden, sondern darüber, was es ihnen bringt.

Im Zuge unseres letzten Round Tables zum Thema „Cloud Computing“ kamen so viele Punkte zur Sprache und wurden so viele Argumente vorgebracht, dass wir uns entschieden haben, sowohl eine Zusammenfassung, als auch eine beinahe ungekürzte Fassung – einen „director’s cut“ sozusagen – für besonders interessierte Leser zu verfassen.

Die Teilnehmer an unserem Round Table geführt von Rudolf Felser waren (in der Reihenfolge, in der Sie auch am Tisch saßen):
  • Nahed Hatahet ist Gründer und Geschäftsführer von HATAHET productivity solutions, einem vor elf Jahren gegründeten Unternehmen, das sich auf die Beratung zum Thema Digitaler Arbeitsplatz mit künstlicher Intelligenz spezialisiert hat. „Worüber wir aber vor allem beraten, das ist Transformation, der digitale Wandel – wo Software und die Cloud Mittel zum Zweck werden.“
  • Helmut Dobrovits ist Key Account Manager bei der Österreichischen Post AG. Er beschäftigt sich innerhalb der Abteilung Dokumentenlogistik, im Geschäftsfeld Mail Solutions, mit digitalen Lösungen für Geschäftskunden, speziell mit Enterprise Content Management – hier wiederum mit selbstentwickelten Cloud-Applikationen für Kunden.
  • Peter Lenz ist Vorsitzender der Geschäftsführung von T-Systems Austria. Er ist seit 20 Jahren in der IT-Branche und war in verschiedenen Rollen im IT-Top-Management bei den ÖBB, Magna Europe, Magna Powertrain und der OMV AG tätig. Vor rund eineinhalb Jahren wechselte er zum IT-Dienstleister T-Systems auf die Anbieterseite.
  • Harald Leitenmüller ist Chief Technology Officer bei Microsoft Österreich. Er ist seit 17 Jahren in verschiedenen Rollen bei Microsoft tätig. Sein Schwerpunkt sind Rahmenbedingungen für den österreichischen Markt, von der Bildung bis zum Datenschutz, rechtliche Aspekte. Ein Hobby von ihm ist der sinnvolle, zweckmäßige Einsatz von innovativer Technologie, privat wie beruflich. Da ist es klar, dass er auch einen Raspberry Pi besitzt.
  • Michael Wilfing-May kommt von einer im Vergleich noch jungen Firma: Solicon IT wurde vor nicht ganz drei Jahren gegründet. Das Unternehmen ist im IT-Consulting tätig und hat Standorte in Graz und Wien. Die Schwerpunkte liegen im Data Management, Business Intelligence und Business Analytics. Im Bereich Business Intelligence ist er bereits seit vor der Jahrtausendwende tätig. Das Thema Cloud beschäftigt ihn seit 2010/2011 mit den ersten betriebswirtschaftlichen Applikationen in der Cloud. Aber er kommt weniger von der Infrastruktur- und mehr von der Business-Anwendungs-Seite.
  • Stefan Gurszky ist seit über zehn Jahren Geschäftsführer von Provaria. Die beschäftigt sich mit ERP- und CRM-Lösungen aus dem Microsoft-Umfeld. Seit 2018 ist er außerdem Geschäftsführer und Eigentümer von Uniconta Österreich. Das Unternehmen bietet eine ERP-Lösung aus der Cloud für KMU an, die vom Entwickler der später von Microsoft übernommenen ERP-Lösung Axapta ersonnen wurde. Für ihn geht es jetzt darum, Partner-Netzwerke aufzubauen, nicht um das Endkundengeschäft.
Monitor: Über den Begriff Cloud wurde auch schon mal mehr gesprochen. Ist das Thema in den Köpfen der Menschen bereits dort, wo es sein sollte? Oder gibt es immer noch Erklärungsbedarf?

Hatahet: Das Cloud Thema ist in jedem Kopf, es ist schon fast Commodity. Viele Firmen tun sich aber sehr schwer mit dem Betrieb, wenn man es mal in die Wolke geschafft hat. Die Art und Weise, wie man die Cloud betreibt, erfordert ein anderes Business-Modell. Die internen IT-Abteilungen sind meist noch nicht soweit, eine Cloud richtig zu betreiben. Oft ist es so, dass die Cloud die Unternehmen betreibt. Das Cloud-Business steht vor einer großen Herausforderung: Wir müssen die IT-Abteilungen in deren Arbeitsweise transformieren. Software alleine ist nicht dazu da, die Probleme der Unternehmen zu lösen, sondern Werkzeuge zu liefern für den produktiven Mitarbeiter der Zukunft. In der Cloud steckt enormes Potenzial, zum Beispiel dass man sehr schnell online gehen kann und sich nicht mehr mit dem Managen der Systeme beschäftigen braucht. Aber Unternehmer müssen sich vermehrt damit beschäftigen, wie die Agilität der Cloud in der eigenen Organisation gelebt werden kann und ob das Unternehmen überhaupt so agil ist. Wenn nicht, dann müssen die Unternehmen sich genau dorthin transformieren.

Monitor: Herr Dobrovits, den Punkt von Herrn Hatahet, dass Unternehmen oft gar nicht wissen, wie sie die Cloud einsetzen sollen, finde ich spannend. Kommt Ihnen das bei Ihren Kunden auch unter?
Dobrovits: Das Thema ist nach wie vor sehr beratungsintensiv. In den Gesprächen geht es primär um Security und darum, wo die Daten liegen. Vor allem geht es aber weniger um die Migration von Daten in die Cloud, sondern darum, wie man ein Business oder eine Idee dort am besten abbilden kann. Die Cloud als Begrifflichkeit hat nach wie vor Erklärungsbedarf. Was mache ich überhaupt damit? Lege ich Daten und Dokumente dorthin oder ist es eine Applikationsplattform? Wenn man in der Diskussion diese Themen anspricht merkt man oft, wie viele Informationen dazu Unternehmen noch benötigen.
Monitor: Mea culpa, hier bei uns ist es das gleiche. Ich werfe den Begriff Cloud in die Runde, obwohl wir alle wahrscheinlich ein bisschen etwas anderes darunter verstehen. Herr Lenz, wie ist das bei Ihnen? T-Systems hat große Kunden von denen man annehmen kann, dass sie sich schon lange mit dem Thema auseinandersetzen.

Lenz: Das ist richtig. Unsere Kunden setzen sich schon länger mit dem Thema Cloud und allem was dazu gehört auseinander. Für unsere Kunden ist es durchaus Mainstream geworden. Die Bezugsform Cloud hat sich dort in den Köpfen manifestiert. Natürlich gibt es Mischformen, die man erklären muss: von On-Premise-Lösungen, die auch eine Cloud-Lösung sein können, über Multi-Cloud-Ansätze, Hybridformen bis hin zu Public Clouds. Diesen Weg, die Vor- und Nachteile, muss man erklären, aber es hat sich auch im konservativen Markt Österreich schon einiges zum Besseren verändert. Es gibt aber noch immer CIOs, IT-Leiter und IT-Verantwortliche, denen das „spooky“ ist und die sagen, die Daten dürfen mein Haus oder mein Bundesland nicht verlassen. Vor einigen Wochen ist mir eine Ausschreibung aus dem öffentlichen Bereich untergekommen, für die wir nicht angeboten haben, weil ein Cloud-Verbot festgesetzt wurde. Es braucht also noch ein bisschen, aber das Verständnis ist schon wesentlich besser als noch vor zwei, drei Jahren.

Monitor: Herr Leitenmüller, Microsoft ist einer der größten Cloud-Anbieter weltweit. Wie stellt sich das Thema für Sie dar? Das offizielle Wording ist wahrscheinlich: „Cloud ist das allerbeste überhaupt.“

Leitenmüller: Ich sehe den Markt total heterogen. Es gibt alle Ausprägungen. Ich teile das in drei Bereiche ein: Unternehmen mit Cloud-Strategie, ohne Cloud-Strategie oder mit einer No-Cloud-Strategie. Die mit einer No-Cloud-Strategie sind für mich die No-Future-Kunden. Ich glaube, dass die meisten Firmen auf einer konzeptionellen Ebene noch nicht verstanden haben, worum es geht. Was ich oft diskutiere ist, was Cloud im Kontext von Digitalisierung bedeutet. Es ist das Wesen der Digitalisierung, dass sie sich exponentiell bewegt. Wenn etwas so dynamisch ist, sich die Komplexität, Risiken und Kosten so entwickeln, dann entsteht die Angst, dass es schiefgeht. Was die Leute eigentlich wollen sind Methoden, Geschäftsmodelle und Konzepte, die diese belastenden Aspekte linearisieren und den Nutzen schön weiterwachsen lassen. In diesem Kontext ist Cloud ein strategisches Konzept, um mit diesem Phänomen umzugehen und die Risiken und Kosten zu linearisieren. Das Problem der Cloud ist, dass man versucht, alte Probleme mit neuen Mitteln zu lösen und dabei die neuen Möglichkeiten vernachlässigt. Wenn wir nicht in die Zukunft denken, haben wir in Mitteleuropa ein Problem mit der Wettbewerbsfähigkeit.

Monitor: Herr Wilfing-May, Herr Gurszky, sie beide sehen die Cloud aus einer Applikation-Perspektive. Wie sieht es da mit dem Erklärungsbedarf bei den Kunden aus?

Wilfing-May: Wenn man mit der Fachabteilung spricht ist Cloud kein Thema, sondern man bezieht einen Service. Ob sie den aus der IT und dem eigenen Rechenzentrum beziehen oder aus der Cloud, ist ihnen egal. Die Frage ist eher, wie schnell man den Service haben kann, denn das Business drückt sie jetzt. Wenn man sich die Erfolgsgeschichten im Cloud-Applikations-Bereich ansieht, wie zum Beispiel Salesforce, sieht man, dass sie das nie thematisiert haben und in den Fachabteilungen sehr erfolgreich sind. Viele haben erkannt, dass das ein guter Weg ist, weshalb es ein unglaubliches Angebot an Funktionalitäten für Fachabteilungen gibt, mit denen sie ihren Job besser machen können. Auf das läuft es hinaus, wenn man sich die Cloud-Angebote ansieht: Sie werden nach Funktionalitäten geschnitten und das wird von den Anwendern gut angenommen. Die Cloud ist etabliert. Es gibt natürlich trotzdem jene, für die sie überhaupt nicht in Frage kommt.

Monitor: Herr Gurszky, Sie haben im ERP-Bereich alles gesehen, was sich abgespielt hat, von lokalen Installationen bis zu Cloud-Lösungen. Wie haben Sie den Schwenk zur Cloud miterlebt?

Gurszky: Vor fünf Jahren hätte ich mich nicht getraut, mit einem kleinen Cloud-Produkt auf den Markt zu gehen. Das hat sich sehr gewandelt. Wir haben im ERP-Bereich Kunden von zwei bis 120 concurrent Usern. Das Thema ist nicht Cloud, sondern die Kunden wollen keine Produkte mehr haben. Sie wollen mit dem Betrieb nichts zu tun haben. Man braucht einen Raum, einen Server, Mitarbeiter, Wartung, eine Fülle an Themen, die auf KMU da zukommen. Er möchte einen Web Shop, er will ERP anbinden und das als Service beziehen. Es gibt sicher auch Verweigerer, aber sehr viele sagen gerade bei einem System- oder Versionswechsel, dass sie keine eigene Infrastruktur mehr haben wollen. Wir gehen nicht mit dem Argument Cloud zu den Kunden, sondern damit, dass die Infrastruktur wegfällt und sie einfach einen Service beziehen. Ist der Laptop kaputt, kauf dir einfach einen neuen, steck ihn an und du kannst weiterarbeiten. Das ist dort das Thema: Nicht mehr mit IT beschäftigen, sondern mit dem Kerngeschäft des Unternehmens.

Monitor: Sicherheit und Datenschutz werden gerne als Argument für, aber auch gegen die Cloud verwendet. Herr Leitenmüller, können Sie als Vertreter eines Cloud-Anbieters trotzdem auch den Argumenten der „Gegenseite“ etwas abgewinnen?

Leitenmüller: Ich kann dem schon etwas abgewinnen, aber dazu man muss sich eine Gesamtlösung anschauen. Wenn ich mich der Cloud bediene, dann nutze ich sie meistens von einem Client aus, einem Device. Die Cloud ist um vieles sicherer, als es jedes einzelne Unternehmen On Premise machen könnte. Was die Leute aber oft vergessen ist, dass eine Restverantwortung beim Nutzer bleibt. Wenn ich mein Device nicht manage und es nicht sicher ist, dann kann die Cloud so sicher sein, wie sie will. Das Thema Client, Identity und Device Management kommt über die Cloud stärker zum Device. Ich sage es einmal brutal: Viele sind nicht in der Lage, diese Security-Anforderungen Client-seitig zu erfüllen. Die fehlende digitale Kompetenz ist ein gewaltiger Faktor, was die Gesamtsicherheit der Lösungen betrifft. Da müssen wir noch viel leisten. Es gibt die großen Firmen mit viel Erfahrung, die wissen, wie man das managt. Aber gerade bei KMU ist das nicht üblich.

Wilfing-May: Wir haben interessante Diskussionen mit Unternehmen, die sehr innovativ sind und ihre Intellectual Property schützen wollen. Dort hat das Top Management Angst vor der Cloud. Das schafft auch der IT-Leiter nicht zu entkräften – traut sich vielleicht auch nicht. Das ist oft kein IT-Argument sondern ein mentales Argument. Sie haben Angst, dass die Daten weg sind, sie keinen Zugriff mehr haben, sind nicht sicher, ob das Mehr-Mandanten-System wirklich gut getrennt ist. Das sind Ängste, die auch schwer wegzuargumentieren sind. Es ist kein Misstrauen hinsichtlich der Technologie per se, sondern sie wollen ihren Unternehmens-Schatz schützen.

Monitor: Herr Dobrovits, Ihre Konzernmutter, die Östereichische Post, hat langjährige Erfahrung im Umgang mit sensiblen Daten. Wie gehen Sie bei Ihren Kunden, aber auch intern, mit den Themen Cloud, IT-Security und Datenschutz um?

Dobrovits: Sicherheit und Datenschutz sind für unsere Kunden Riesenthemen. Wir argumentieren damit, dass die Daten in einem Environment, das entsprechend zertifiziert ist, sicherer sind. Wir gehen nicht explizit mit dem Thema Cloud zum Kunden – die Lösungen stehen im Vordergrund.

Wie es so schön heißt: Der anspruchsvollste Kunde ist der interne Kunde. Auch für die Österreichische Post als Unternehmen sind Cloud-Lösungen, IT-Security und Datenschutz immens wichtige Aufgaben. Gerade wenn es um sensible Organisationsinformationen geht haben die Themen Datensicherheit und Datenschutz höchste Priorität.

Lenz: Datenschutz ist schlichtweg Pflicht. Wir sind als Technologieanbieter verpflichtet, das für unsere Kunden sicherzustellen. Unsere Kunden können zusätzlich erwarten, dass bei uns ein umfangreiches Team, das in allen Disziplinen von Cyber Security tätig ist, das ganze Spektrum dessen, was passieren kann, abdeckt. Das kann sich ein kleineres, mittleres aber auch ein großes Unternehmen in dieser Bandbreite selbst gar nicht mehr leisten. Deswegen glaube ich, dass es verstärkt in Richtung Abo-Modelle gehen wird. Gerade für KMUs sind diese Modelle noch interessanter, weil sie sich in diesem Bereich noch schwerer tun. Sie werden sich dem Anbieter-Markt verstärkt öffnen und diese Modelle nutzen, damit sie, wenn etwas passiert, Unterstützung durch eine kompetente Truppe erhalten.

Hatahet: Die Themen Angst und Datensicherheit in der Cloud lassen sich für mich sehr einfach beantworten. Wir bieten Lösungen an, die bereits verschlüsselt in die Cloud speichern. Der Schlüssel dafür liegt aber im eigenen Haus. Entweder vertraue ich dem großen Hersteller oder, wenn ich das nicht tue, habe ich die Möglichkeit meine Daten selbst zu verschlüsseln. So kann ich einem Kunden sehr schnell die Angst davor nehmen, dass mit seinen Daten Schindluder betrieben wird oder diese gestohlen werden.

Das Zweite, was ich aus der Diskussion heraus sagen möchte: Die Datensicherheit steigt enorm, wenn wir künstliche Intelligenz und mitdenkende Filter einsetzen. Wenn Sie sich zum Beispiel bei einem Service zuerst in Wien und eine halbe Stunde später in New York einloggen, dann sind die Systeme in der Lage zu erkennen, dass das in der realen Welt wohl nicht möglich sein kann. Die Computersysteme sperren dann den Account vollautomatisch und informieren den Anwender, dass sein Passwort scheinbar gehackt wurde, sein benutzer-Account gesperrt wurde und er nun sein Passwort aus Sicherheitsgründen zu ändern hat. Dadurch steigt die Datensicherheit ebenfalls enorm.

Eines gebe ich aber in Bezug auf Datensicherheit schon zu bedenken: Ich hatte erst kürzlich mit einem Wiener Krankenhaus eine Diskussion. Wir wollen dort Social Networking einführen und dabei liegen tatsächlich viele Systeme in der Cloud. Das ist Off-Cloud oft überhaupt nicht mehr möglich. Es geht dabei auch um medizinische und personenbezogene Daten, die enorm heikel sind. Ich bin der Meinung, dass man die Hersteller da schon auch mehr in die Pflicht nehmen muss, vor allem dahingehend, wie sie das „Problem Datenschutzbestimmungen“ lösen. Viele Hersteller sagen, Datenschutz bedeutet es gibt eine Datenschutz-Richtlinie, wir schicken die Daten auch weiter und du musst den Vertrag unterzeichnen und wenn nicht, kannst du unsere Software einfach nicht nutzen. Es entsteht ein Zwang mitzuwirken. Dieses Krankenhaus hat mir ganz konkret gesagt, dass das eine Riesenherausforderung für sie ist und dass die großen Software-Hersteller deswegen auch nicht in Frage kommen können. Sie suchen sich lokale Lösungen dafür. Das ist ein Thema, das gerade jetzt durch die Datenschutzgrundverordnung aktiv geworden ist. Einem KMU ist das vielleicht nicht so wichtig, aber für Krankenhäuser mit Personendaten und medizinischen Daten ist das eine ganz andere Herausforderung. Pauschal kann man das also nicht beantworten. Was man aber auf jeden Fall sagen kann – und da bin ich absolut der Meinung von Herrn Lenz: Keiner kann sein On-Premise-System so gut überwachen, wie das ein großer Hersteller tun kann. Ich sehe für die Zukunft auch ein enormes Potenzial in intelligenten Systemen, die Muster erkennen, die früher nur Menschen erkannt haben. Dennoch wird auch das Thema KI früher oder später in den Hintergrund treten. KI wird in jeder Software einfach vorhanden sein und uns Menschen unterstützen – um zum Beispiel die Datensicherheit in Unternehmen langfristig enorm zu steigern.

Leitenmüller: Ich glaube, man kann von den großen Cloud-Anbietern extrem viel von den Konzepten, die sie im Security-Bereich umsetzen, lernen und für sich selbst nutzen. Der Großteil der Cloud-Services sind Infrastructure-as-a-Service, wo eine Lösung gehostet wird. Wir publizieren alle sechs Monate für unsere Azure-Cloud einen Security Incidents Report. Von den Software-as-a-Service-Lösungen, die Entwickler in unsere Cloud stellen und dort betreiben, verschlüsseln im Schnitt 80 Prozent nicht die Daten, die sie in der Cloud speichern. Von der Kommunikation zum Client werden sogar nur vier Prozent verschlüsselt. Man kann überhaupt nicht von Security reden, wenn nicht einmal diese Basics umgesetzt werden. Das ist repräsentativ für den Markt. Wenn ich etwas speichere, etwas kommuniziere, dann gehört das verschlüsselt. Diese Empfehlung sollten die Kunden ernst nehmen.

Monitor: Da sind wir wieder bei dem Punkt, dass Cloud zwar als Begriff in den Köpfen vorhanden ist, aber der Umgang mit ihr ist noch zu verbessern.

Leitenmüller: Und es ist nicht alleine im Ermessen des Cloud-Providers, alle diese Dinge zu lösen. Beim Kunden bleibt eine Verantwortung und er hat auch die Kontrolle über gewisse Dinge. Dessen muss er sich bewusst sein.

Monitor: Man kann also nicht die ganze Verantwortung abgeben, nur weil man in die Cloud geht. Man muss trotzden noch ein Grundset an Know-how haben, um richtig damit umzugehen. Die „IT aus der Steckdose“ ist also noch nicht ganz angekommen.

Leitenmüller: Die Cloud ist nicht Outsourcing. Das wird oft missverstanden. Es wird nicht die Verantwortung abgegeben, es ist eine Auftragsdatenverarbeitung zu einem gewissen Zweck. Nicht mehr und nicht weniger.

Hatahet: Was aber schon entstehen wird, das sind KMU-Servicedienstleister, also Firmen die standardisierte Services auf Basis von Cloud-Modellen generieren und für ihre Kunden betreiben, um genau diese Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet, dass ein KMU, der nicht in der Lage ist sich eine teure IT-Abteilung mit Datensicherheit und Verständnis aufzubauen, sich einen KMU-Serviceprovider sucht, der im Hintergrund diese Arbeiten erledigt.

Selbst wir als HATAHET haben so etwas, obwohl wir uns auskennen. Ich habe auch alles in die Cloud ausgelagert. Ich habe einen kleinen KMU-Betreiber in Österreich, der mir genau diese Dinge abnimmt. Denn mein Job ist es nicht, die Datensicherheit der HATAHET zu erhöhen. Als Geschäftsführer bin ich dafür verantwortlich, ja. Aber mein Job ist, digitale Arbeitsplatzlösungen sowie künstliche Intelligenz für unsere Kunden zu beraten und zu implementieren. Ich empfinde es als extrem angenehm, dass diese ganzen „Nebengeräusche“ wegfallen, ich einen Partner habe und die Infrastruktur nicht mehr bei mir betrieben werden muss. So habe ich als Geschäftsführer mehr Zeit für mein eigentliches Business. Das ist der Winning Point der Cloud. Nicht nur in der Skalierung von neuen Lösungen, sondern dass ich Lösungen auch sofort wie aus der Steckdose benutzen kann, mit einem externen Berater der mich unterstützt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass der Installateur ein Datensicherheitsexperte wird.

Monitor: Plaudern Sie doch mal aus dem Nähkästchen. Sie sind ein KMU und haben in die Cloud ausgelagert. Womit haben Sie begonnen? Was hat am meisten gebracht?

Hatahet: Das ist einfach zu beantworten: Jene Lösungen, die keine Adaptierungen benötigen. Produkte von der Stange, zum Beispiel Mail-Systeme. Mail-Systeme sind standardisierbar, genauso wie Instant-Messaging-Lösungen. Ich glaube auch, dass Dienste aus den Bereichen Virenschutz oder Datensicherheit sehr gut aus der Cloud zu betreiben sind, weil man das als Service-Modell delivern kann. Eine Herausforderung ist es bei Systemen, wo es um eine starke Individualisierung geht, um zum Beispiel Unternehmensprozesse anzupassen und andere Arbeitsweisen zu etablieren. Bei diesen Services ist die Cloud manchmal sogar hinderlich. Ich glaube, dass dieser Individualisierungsgrad dazu führt, dass Firmen in der Cloud ebenfalls agil sein müssen. Meine Erfahrung ist, dass sie das aber noch nicht sind. In den nächsten Jahren muss diese Agilität und wie man die Cloud betreibt in die Unternehmen und auch in die Köpfe der Manager – wir alle müssen umdenken und transformieren.

Was in der Cloud natürlich ein Nachteil ist, ist dass es derart viele Neuerungen gibt, dass selbst ich als Experte mir schwer tue, das alles zu erfassen und zu verstehen – selbst, wenn ich alle Änderungen mitbekomme und mich täglich damit beschäftige. Das wird in den nächsten Jahren definitiv die Riesenherausforderung: Cloud schaltet man nicht einfach so ein. Wer das tut, handelt grob fahrlässig. Es gibt zwei Arten von Kunden: Jene, die sich mit der Cloud vertraut machen und diese agilen Prozesse vorher erarbeiten, und jene die glauben, dass die Cloud ihre Business-Probleme löst. Von Zweiteren gibt es sehr viele. Die kommen dann drauf, dass sie von der Cloud betrieben werden und hinken immer hinterher. Kaum führt man etwas neues ein, hat es sich auch schon wieder verändert. Wir haben überall Transformation. Selbst die IT-Berater und die IT-Betreiber in den Unternehmen müssen Cloud noch besser verstehen. Die Cloud gehört anders gedacht. Wenn man sich nicht persönlich transformiert, sei es als Geschäftsführer oder als IT-Leiter, dann hat man in dem Business meines Erachtens nichts mehr verloren – beziehungsweise wird man es sehr schwer haben.

Dobrovits: Der Vergleich von klassischen, On-Premise-betriebenen Systemen mit Cloud-Systemen ist spannend. Wir haben zum Teil Kunden die es nicht gewohnt sind, dass es monatliche Releases gibt. Monatlich werden Features freigeschaltet. Ein einfaches Beispiel: Wir haben Lösungen für Invoice Management oder digitalen Posteingang und da kommen immer wieder Features dazu, die die Kunden in Wirklichkeit nicht zu nutzen gewohnt sind, weil sie mit alten Systemen gearbeitet haben, bei denen es irgendwann, einmal im Jahr ein neues Release gegeben hat. Unsere Kunden stehen vor der Herausforderung, dass diese Zyklen viel enger sind. Den Unternehmen sollte klar sein, dass sie diese Funktionen nicht nutzen müssen. Sie können sie nutzen. Es gibt auch bei uns noch eine Umdenke, den Anwendern das klarzumachen. Aber es ist nun einmal so: Diese Zyklen, Features und Functions werden in wesentlich engeren Rhythmen deployt, als man es von herkömmlichen Systemen gewohnt ist.

Monitor: Herr Lenz, Sie haben geschmunzelt. War das noch der Anwender in Ihnen, oder schon der Anbieter?

Lenz: Der klassische Release-Wechsel von früher, den man alle paar Jahre durchgeführt hat und der in den IT-Abteilungen für unheimlichen Aufwand gesorgt hat – den Usern hat es de facto gar nicht so viel gebracht, vielleicht eine neue Oberfläche –, der ist wirklich Schnee von gestern. Cloud-basierende Lösungen helfen hier, Innovationen, Bug-fixing, alles mögliche sehr schnell einzuspielen. Ähnlich wie beim Smartphone, bei dem man sich auch daran gewöhnt hat, dass Updates wesentlich häufiger kommen. Vielleicht wird es ein daily deployment von Updates geben oder im Stunden- bzw. Minutentakt. Wenn es um einen Security-Threat geht, ist das auch gut. Diese langen Zyklen, die wir früher gehabt haben, sind einfach nicht mehr zeitgemäß und verändern sich.

Leitenmüller: Tatsache ist, dass heute in der Cloud im Schnitt 200 kleinere und größere Feature-Updates pro Tag passieren. Security-Patches passieren unmittelbar. Wenn man das in Relation dazu setzt, wie oft Security-Updates bei Kunden durchschnittlich eingespielt werden – es gibt Kunden, die brauchen dazu 200 Tage –, sieht man, welche Auswirkungen das auf die IT-Security hat. Als kleines Unternehmen habe ich schon allein durch diesen klassischen Infrastrukturmanagement-Prozess, der in der Cloud passiert, einen Vorteil, weil ich wesentlich sicherer und aktueller bin.

Meine Erfahrung ist, dass es zwei Situationen gibt wie Kunden in die Cloud einsteigen: Das eine ist ein Anlassfall. Der Server ist kaputt, ich will mir das nicht mehr antun, ich will ein Alternativangebot aus der Cloud. Die zweite Situation, die mir besser gefällt, ist der Drang nach Innovation. Ich ändere mein Geschäftsmodell und erkenne, dass Digitalisierung eine Chance ist. Ich kann ein Produkt digitalisieren und dann bietet die Cloud ein relativ risikoloses Einstiegsmodell, um auch wachsen zu können. Das ist die interessante Chance. Dafür braucht man natürlich ein Konzept. Mit was fange ich an? Wie steige ich ein? Wie sieht die Architektur aus, wie das Business-Modell?

Monitor: Herr Wilfing-May, das ist doch genau Ihr Thema. Business Analytics ist etwas, dass noch nicht jedes Unternehmen macht. Wenn man damit anfangen möchte ist eine Cloud-Lösung nicht ganz falsch, oder?

Wilfing-May: Ich habe sehr viele On-Premise-Systeme verkauft. Bis man einmal soweit war, beim Kunden eine Basis-Installation zu platzieren, waren viele Entscheidungsprozesse, Investitionen, Aufwand und viel Zeit nötig. Heute kann ich dem Kunden sagen, er soll mir Daten schicken, wir stellen das in die Cloud und sehen es uns gemeinsam an. So nähern wir uns, in welcher Form auch immer – manchmal ist ein Konzept dahinter, manchmal nicht, was auch nicht immer schlecht ist –, einer Idee an. Diese Möglichkeiten habe ich gerade im Bereich Business Intelligence und Analytics, weil man da nicht immer nur die Excel-Sheets ablösen, sondern weitergehen will. Das Einbinden neuer Daten ist im Grunde der Kern von Analytics. Vielleicht will ich auch nicht mehr selbst ein Data Warehouse betreiben, sondern es Stück für Stück in die Cloud heben. Das bietet mir diese technologische Basis und ich bin total begeistert, weil das unser Geschäft treibt und weil es den Kunden die Möglichkeit gibt, von den großen Entscheidungen wegzukommen und kleine Schritte zu gehen bis zu dem Punkt, an dem man profunder die große Entscheidung treffen kann.

Monitor: Herr Gurszky, Ihr Angebot ist doch genau dieses angesprochene Cloud-Einsteigerangebot, wenn der KMU weg von eigener Infrastruktur und hin zur Business-Lösung aus der Cloud will.

Gurszky: ERP bietet sich für den Einstieg an, weil es in vielen Bereichen standardisiert ist. Wir haben auch den Vorteil, dass wir die Buchhalter einladen können, online mit dem Mandanten tätig zu werden. Der große Schreck vor der Buchhaltung fällt damit für die meisten auch weg. Das kommt gut an. Das Partnermodell geht auf, auch weil bestehende Systeme das zum Teil nicht können oder alt sind und nicht auf die Verschlüsselung von Daten oder dem Client-Verkehr ausgelegt sind. Oder auf der anderen Seite so komplex, dass die Implementierung für ein kleineres Unternehmen nicht machbar ist.

Man darf auch nicht vergessen, dass der K- und untere M-Bereich heillos damit überfordert ist, was an technologischen, aber auch anderen Themen wie der DSGVO, an ihn herangetragen wird. Der Eigentümer eines typischen Handwerksbetriebs ist zu 80 Prozent operativ tätig und die Frau schupft das Büro. Sie haben auch niemanden an der Hand, der sie beraten kann. Wir haben bei diesen Themen eine riesige Berater-Lücke, gerade am flachen Land. Wo ist der KMU-Betreuer im Pinzgau, wo ist der im Tennengau? Die gibt es dort nicht! Irgendwo trifft der Unternehmer, auch aufgrund des Tagesgeschäftes, auf eine Barriere wo er nicht mehr weiterkommt. Dann fehlt ihm jemand, der ihm zur Seite steht und auch kostengünstig berät. Diese Unternehmen haben auch keine Millionen, die sie für einen Berater ausgeben können. Was sicher hilft ist, dass man von einer Einmal-Lizenz auf ein Mietmodell übergeht. Die hohen Anfangskosten fallen weg, er kann mehr in die Dienstleistung investieren. Das ist sicher ein Vorteil und das kommt auch gut an.

Natürlich stellt sich umgekehrt für die Anbieter die Frage, wie sie diesen Umstieg von der verkauften Lizenz zum Monatsmodell finanzieren. Ich war 1984/85 bei IBM, als sie vom Miet-Modell zum Kauf-Modell umgeschwenkt hat. IBM hat nicht gewusst, wohin mit dem Geld. Heute haben wir den gegenteiligen Effekt. Da müssen auch die Anbieter umdenken. Den kompletten Umstieg von verkauften Lizenzen auf ein Miet-Modell werden die meisten nicht verkraften.

Monitor: Herr Gurszky, Sie haben gerade angesprochen, dass auch Anbieter aufpassen müssen, dass sich der Umstieg zum Cloud-Angebot finanziell für sie rechnet. Ich würde die Diskussionsrunde gerne mit der Frage abschließen, ob sich für den Kunden der Umstieg auf die Cloud immer finanziell auszahlt.

Gurszky: Es rechnet sich umso mehr, je weniger IT-Know-how er im Haus hat. Wenn er das Know-how nicht im Haus hat, rechnet es sich schneller. Ich glaube es rechnet sich immer, weil viele die versteckten Kosten nicht sehen. Der typische KMU will wissen, was es ihn am Anfang kostet und das sind die Kosten die er aufteilt. Aber was ihn das Betreiben der On-Premise-Lösung kostet, rechnet er nicht mit. Dass die Klimaanlage laufen muss, es Strom kostet, ein Techniker kommen muss, Updates, Systemabstürze, all das wird nicht mitkalkuliert. Man muss im Verkaufsgespräch ein Bewusstsein dafür schaffen.

Monitor: Wie sieht das bei BI und Analytics aus, Herr Wilfing-May?

Wilfing-May: Wir haben Kunden, bei denen die IT-Abteilung und Infrastruktur gleich geblieben sind, aber sich das Business vervielfacht hat, und die im kompletten Unternehmen auf Cloud-Lösungen umgestiegen sind. Es ist immer die Frage, wie man seinen Return on Investment rechnet. Aber es gibt genauso das Totschläger-Argument von Unternehmen, die Lizenzkosten bei der Anschaffung mit zehn Jahren Subscription Fee vergleichen. Dann weiß ich immer genau, dass es nie eine Cloud-Lösung werden wird. Wenn aber wirklich alle Kosten in die Überlegungen einbezogen werden, dann sieht es für die Cloud in der Regel sehr gut aus. Es ist immer die Frage, was man hineinnimmt und wie man diese neue Wertschöpfung kalkulieren kann. Das müssen die Unternehmen selbst einschätzen.

Monitor: Herr Leitenmüller, aus der Sicht von Microsoft rechnet sich Cloud immer, oder?

Leitenmüller: Natürlich. Außer für die No-Future-Kunden. Wenn man innovativ sein will, muss und wird sich das immer rechnen. Es gibt eine interessante Analogie: Venture Capitalists investieren heutzutage ausschließlich in Startups, die keine Infrastruktur anschaffen – weil das Risiko viel zu hoch ist. Du kannst in zehnmal mehr Startups investieren, in Relation zu einem Startup, das Infrastruktur anschafft. Wenn man aus unternehmerischer Sicht darüber nachdenkt, wenn man Entrepreneurship leben und innovativ sein will, dann ist dort der Investitionsbereich wesentlich attraktiver als in Infrastruktur. Wenn wir über digitale Geschäftsmodelle reden würde ich einmal bedenken, was das bedeutet.

Wilfing-May: Wenn ich ein Beispiel bringen darf: Wir haben über 20 Mitarbeiter und keinen einzigen Server.

Leitenmüller: Was die Total Cost of Ownership betrifft muss man sich das natürlich durchrechnen. Es gibt Lösungen wo ich pragmatisch sage, dass sie keinen Sinn in der Cloud machen. Da ist es besser, sie sterben mit der Zeit weg oder werden betrieben wie sie sind. Ich bin kein Freund davon, Legacy-Systeme mit Ach und Krach irgendwohin zu migrieren. Dafür braucht man spezielle Kompetenzen, es gibt spezielle Risiken, ob sich das kostentechnisch rechnet ist eine berechtigte Frage.

Lenz: Das ist für Betreiber, die eigene Operation Teams haben, auch eine Challenge. Weil man als Betreiber dann etwas an jemand anderen, eventuell eine Microsoft oder SAP, abgibt, was früher eigenes Geschäft war. Da ist auch bei Anbietern ein Sinneswandel im Gange. Es gibt auch immer noch den einen oder anderen Versuch, eine dedizierte Individual-Lösung so hinzurechnen, dass es doch noch optimal aussieht. Da sind durchaus auch Anbieter, mit großen Operations Teams, gefragt, die Cloud-first-Mentalität auch ins eigene Unternehmen zu bringen. Natürlich ist es klar, dass der Weg dorthin geht. Sicher gibt es die eine oder andere Lösung, bei der es keinen Sinn macht und die man lieber sukzessive auslaufen lässt. Aber die Shared-Modelle, egal ob hybride Formen oder überhaupt Public-Modelle, skalieren besser. Aber – und das ist gut für die Beratungs-Industrie – es ist nicht so trivial, dass man eine Lösung einfach einschalten kann und es läuft. Es ist gerade für die beratende Kollegenschaft immens wichtig, die Breite des Portfolios zu verstehen und dann den Kunden beratend dahin zu führen, wo es für ihn am besten passt. In den immer breiter werdenden Multi-Cloud-Environments kann sich der Kunde alleine nicht mehr zurechtfinden.

Dobrovits: Zum Thema, ob sich das Ganze rechnet, habe ich ein interessantes Beispiel aus der Praxis. Wir haben Kunden, auch KMU, die Systeme im ECM-Bereich betreiben, die über 10, 15 oder 20 Jahre gewachsen sind und die mittlerweile ein enormes Investment an sich gezogen haben. Hier sind Dinosaurier entstanden, die funktionsmäßig oversized sind und auch nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Ein System, das dem Business vor zehn Jahren noch gerecht geworden ist, entspricht dem heutzutage nicht mehr wirklich. Gefragt ist nicht mehr ein großes ECM-System für das gesamte Unternehmen, sondern eine Spezialanwendung aus den Abteilungen heraus, egal ob Finanzabteilung oder Vertrieb. Da entwickeln sich die Ideen und Lösungen. Migration ist nicht das Thema, die alten Systeme laufen einfach weiter. Teilweise entstehen auch Parallelwelten, zwischen denen Daten migriert werden, aber die Systeme selbst laufen aus.

Die Österreichische Post AG hat vor Jahren nur große Accounts gesehen. Wir haben dazugelernt, dass KMU ein sehr spannendes Thema, speziell für das Cloud-Feld, sind. Dass sich nur ein großer Kunde rechnet, stimmt nicht ganz. Wir können hier Kundenservice und maßgeschneiderte Lösungen bieten und das wird auch angenommen. Obwohl natürlich die Finanzierungsmodelle unterschiedlich sind.

Hatahet: Man kann es nicht zu hundert Prozent sagen, aber ich teile die Meinung, dass die Zukunft in der Cloud liegt. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber es kommt darauf an, wer man ist. Ein Startup, das noch nichts hat und starten möchte, noch nicht weiß, wie es skalieren will, das steigt sofort in die Cloud ein und profitiert meiner Meinung nach am meisten davon. Wird die Firma erfolgreich, braucht sie rasch mehr Ressourcen. Über den Elastic-Effekt in der Cloud kann es in Minuten oder Stunden neue Infrastruktur aufbauen. Einem Startup würde ich aus Kostengründen ganz klar raten, in die Cloud zu gehen. Meine Kunden – und ich habe auch sehr große Kunden – mit bestehenden Systemen und Schnittstellen, die in den letzten 20 Jahren oft Millionen an Entwicklungskosten investiert haben, die schieben ihre Systeme nicht einfach in die Cloud. Der Klotz am Bein am Weg in die Cloud ist die Vergangenheit und sind die On-Premise-Systeme, die uns sicher noch sehr lange begleiten werden. Ich teile auch die Meinung, dass es Systeme gibt, die wir gar nicht in der Cloud betreiben können. Zum Beispiel wird ein Riesenkonzern, bei dem ein Auto nach dem anderen vom Band läuft, die Steuerung seiner Produktionsmaschinen nicht in die Cloud verlagern, wo agil 200 Änderungen am Tag passieren und die Software vielleicht am nächsten Tag nicht mehr so funktioniert wie er das glaubt. Was ist, wenn die Internetverbindung nicht mehr da ist? Es darf nicht passieren, dass die Produktion stehenbleibt.

Was die Kosten betrifft, die auf einen zukommen, kann ich eine persönliche Geschichte erzählen. Ich wollte krampfhaft in die Public Cloud, weil man das eben tut. Ich muss aber offen sagen: Das Pricing-Modell der großen Software-Riesen ist wortwörtlich eine Hölle. Man weiß nicht, was man bezahlen wird. Was die Cloud braucht, das sind Modelle die ähnlich wie Handy-Tarife funktionieren. Für mich war es deshalb das einfachste, doch zu einem lokalen Partner zu gehen, der eine lokale Cloud betreibt und mir gesagt hat, was mich das pro Monat kostet. Wir haben in 20 Minuten in einem persönlichen Gespräch klären können, worauf ich bei den großen Herstellern keine klare Antwort bekommen konnte – nämlich was mich das im Endeffekt wirklich kostet.

Sabine Steiner

The author Sabine Steiner

Sabine Steiner ist im Bereich Controlling und Auftragsabwicklung in einem Wiener IT-Beratungsunternehmen tätig und arbeitet als SharePoint Anwenderin täglich mit Office 365 und SharePoint Lösungen.

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